Freitag, Februar 18, 2011

Ich drücke meine letzte Zigarette in den Aschenbecher, mein Gegenüber eine Fachfrau der Fadheit, die mir seit gefühlten drei Tagen am Zipfel des viel zu kurzen Röckchens hängt, obwohl unser Date erst eine halbe Stunde meines Lebens geraubt hat. Lamia ist perfekt. Jedoch nicht für mich. Wie sie da sitzt, mit ihren aufallend unauffälligen grauen Augen, die fast zu trist und langweilig aussehen, um echt zu sein, den roten, glatten Haaren, in der Mitte akkurat geteilt, die Körperhaltung einer emanzipierten Emanze, Rücken gerade, Brüste stolz über den Tisch hinausgestreckt. Sie sieht geil und genau so aus, wie ich mir jemanden, der eine Kontaktanzeige a la "Weiblich, 21, sucht weiblich, 18-24 für Freundschaft mit Extras" niemals vorgestellt hätte. Wo ist mein übergewichtiges, männerhassendes Mannsweib? Ich will Achselschweiß riechen und Kinnhaare sehen und, wenn sie mich dazu auffordert, genüsslich die jahrelang liebevoll gehütete Dreckschicht von unter ihren Hängebrüsten lecken. Wo ist meine Herausforderung? Vielleicht hatte ich mir mein neues Leben als Homosexuelle zu einfach vorgestellt. Vielleicht war das spontane lesbisch werden nicht das, was mein gebrochenes Herz wollte? Lesbisch werden wollte viel eher mein Verstand, er und seine bahnbrechende Logik. Männer sind Ärsche, du brauchst 'ne Muschi! Gut, Gehirn. Reich ma die Zeitung rüber. Vergiftet mit falschen Bildern und Vorstellungen ging es also auf die Suche, ein Wettkampf gegen mich selbst, wer zuerst die billigste Anzeige findet, gewinnt eine furchtbare Verabredung. Einen Beweis, dass Männer vielleicht Ärsche sind, aber Frauen Scheiße. "Man kann sich wundervoll mit dir unterhalten.", grinst Lamia, ich grinse zurück. Sie kann sich wundervoll mit mir unterhalten, weil ich mich nicht unterhalte. Ich lasse sie reden, immerhin habe ich ihr nichts zu sagen. Meine Enttäuschung lässt sich nicht in Worte fassen, nichts, was ich ihr erzählen könnte, lässt sich in Worte fassen. Zumindest nicht in die richtigen. Lamia berichtet, dass sie ihrer Persönlichkeit beraubt worden ist. Jedenfalls ist es das, was ich höre. Was Lamia hört und denkt, ist, wie gut sie die irgendeinen irrelevanten Castingshowkandidaten findet, wie gern sie Rosen am Valentinstag bekommt und dass sie vor kurzem das ideale Glätteisen geschenkt bekommen hat. Ihre Titten wippen während sie spricht, ihre Wimpern flattern wie Schmetterlingsflügel, hinterlassen dabei ab und zu schwarze Krümel unter ihren Augen, Schmetterlingsscheiße. Meine Hände ruhen auf ihren, weil ich nicht weiß, wohin damit sonst. Ihr gefällts.

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