Endstelle. Die monotone Frauenstimme reißt mich aus meiner Trance, nur für einen kurzen Augenblick, als reiße sie mich aus einem Schlaf, weil ich meine Medikamente brauche. “Hey, Süße, aufwachen. Du brauchst deine Dosis Realität, dann darfst du weiterschlafen.” Oh hey, Frau Ansagerin, danke. Darf ich jetzt wieder? Ich darf. Ich drifte weg. Ich befand mich gerade lange genug in dem Stückchen Wahrheit, um aus dem Bus auszusteigen und mich auf meinen weiteren Weg nach Hause durch diese laue Sommernacht zu machen. Es ist noch einigermaßen hell, am Horizont erstreckt sich ein imposantes Aquarell, durchwärmt von den verschiedensten Tönen der warmen Hälfte des Farbkreises. Den Himmel als Kunstwerk betrachten, nicht als allwissendes Nichts, das sich über die grauen Schicksale der kleinen, tapferen Soldaten beugt, die Tag für Tag kleine Kriege auf sich nehmen, nur um die Besorgnis, dass dies nur weitere unbedeutende und unspektakuläre 24 Stunden ihres Lebens waren, zusammen mit dem Schmutz der Schuld und dem Schleier der Sünde, der auf ihren gewaschenen Körpern lastet, wohlig warm zuzudecken. Einer geht noch, vielleicht sogar zwei. Dann beginnt es wieder von vorne, man denkt sich “Einer geht noch.”
So funktioniert meine selbsterlernte Taubheit. Auf Abruf blende ich alles aus, übertöne die Echtheit mit unnützen Gedankengängen, gedacht in den pompösesten Formulierungen, ganzen Kunstwerken aus Wörtern, verschwendet, weil nur ich sie wahrnehme.
Sonntag, Januar 09, 2011
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toller text!
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